Um es noch einmal klar zu stellen, für mich ist das alles - sind die Strukturen und Implikationen - weder neu noch überraschend. Ich frage mich allerdings manchmal, wo das Urteilsvermögen und der gesunde Menschenverstand auf der Führungsebene - dienstlich wie auch politisch - bleiben?
Dass von interessierten Stellen Beschwichtigungen kommen, nachdem etwas unter der Decke hervor geschlüpft ist, ist nicht ungewöhnlich, sondern ein Erwartungswert. Man sollte sich klar machen, dass mit Vertuschungen und heimlicher Akklamation gerechnet werden muss. Insider wollen nicht, dass die Existenz von sich verselbständigenden Strukturen öffentlich bekannt wird, denn das ist ein Zeichen von Führungsschwäche der jeweils übergeordneten Dienststellen. Das ist die logische Konsequenz aus dem Wissen und aus Untersuchungen entsprechender Studien. Auch hier herrschen die Grundlagen des Peter-Prinzips.
Wenn etwas ruchbar wird, heisst es gleich, das seien Einzelfälle, eine Reflexreaktion - und alle wollen, dass es tatsächlich so ist. Dienstranggleiche in der Führung, weil sie selbst einmal betroffen sein könnten; Betroffene, weil es bequemer ist und Fragen proaktiv den Wind aus den Segeln nehmen kann; der Öffentlichkeit, weil die Lüge beruhigender ist, als zu ahnen, dass es eine systematische Parallelkultur in diesen sensiblen Bereich in unserer Ordnung geben kann.
Denn was hieße das?
Wenn ich aber weiss, dass es bestimmte Paarungen von Dienst, Anforderungen, Psychologismen und Strukturen gibt, die sich in bestimmten Systemen und Ordnungen häufen, weil das logische und konsistente Kausalitäten sind, dann sollte ich nicht weniger genau hinsehen, nur weil ich mir wünsche, diese Kausalitäten würden ausgerechnet durch die geringere Aufmerksamkeit nicht zur Realität manifestiert. Denn das wäre schlichtweg dumm. Und unverantwortlich.
Dass es diese Dienste gibt, ist gut, sie werden gebraucht. Dass es entsprechend affine Charaktere gibt, die sich gerne als Ordnungskräfte sehen, ist auch gut. Zumal jeder nach seinem Gusto und seiner Fasson glücklich werden soll - im Rahmen des gesellschaftlichen Konsens.
Aber all das bitte gut im Auge gehalten. Genau zu beobachten und zu wissen, welche Dynamik und Strukturen sich dort unter der Decke entwickeln, ist das Mindeste, was ich von verantwortlichen Ebenen erwarte.
Die Geschichte lehrt, das ist besser, als nur zu hoffen, dass das nur früher und anderswo geschehen ist. Viel besser.
Wir leben in einer Zeit, die für die Demokratie, die demokratischen Strukturen, die demokratische, offene Gesellschaft gefährlich ist, um nicht zu sagen lebensbedrohlich. Es ist also geboten, aufmerksamer zu sein und sich nicht von den Beteuerungen entsprechend interessierter Kreise in einer nur scheinbaren Sicherheit bezüglich der Existenz antidemokratischer Kräfte einlullen zu lassen.
Wehret den Anfängen! Das gilt heute immer noch. Heute wieder ganz besonders.