Wurde alles schon durchgekaut:
https://www.lto.de/recht/hinte…ng-bekenntnisse-166-stgb/
Geschützt ist der öffentliche Frieden, nicht die Religion
Doch § 166 StGB schützt weder das religiöse Bekenntnis noch die Weltanschauung. Er schützt auch nicht das religiöse Empfinden oder die Inhalte der Religion oder der Weltanschauung. Vielmehr soll er in Deutschland, das gegenüber Religion und Weltanschauung neutral ist, den öffentlichen Frieden schützen. Nur wenn eine Beschimpfung die "begründete Befürchtung rechtfertigt, dass das Vertrauen der Betroffenen in die Respektierung ihrer religiösen oder weltanschaulichen Überzeugung beeinträchtigt oder dass die Intoleranz Dritter gegenüber den Anhängern des Bekenntnisses gefördert werden kann", kommt eine Strafbarkeit nach § 166 StGB überhaupt in Betracht.
Sicherlich kann man kritisieren, dass diese Formulierung so schwammig ist, dass sie faktisch kaum eine objektivierbare Einschränkung des Tatbestands erlaubt und die Beurteilung, ob er erfüllt ist, der Weltanschauung des urteilenden Richters überlassen bleibt.
Aber schon die restlichen Merkmale des Tatbestands schränken die Anwendung der Norm so weit ein, dass es schlicht nicht zutrifft, dass sie Religionen pauschal vor harter Kritik schütze. Strafbar macht sich nicht, wer andere Religionen oder Religionsgemeinschaften kritisiert. Auch nicht, wer sich über sie lustig macht. Es braucht vielmehr eine Beschimpfung. Nicht bloß eine Herabsetzung, sondern vielmehr eine besonders gravierende herabsetzende Äußerung oder Verleumdung.
Mohammed-Karikaturen kein Fall für § 166 StGB
Damit ist auch klar: Die Mohammed-Karikaturen, welche die Redakteure von Charlie Hebdo am Mittwoch das Leben kosteten, wären nach dem Maßstab des § 166 StGB nicht zu beanstanden. Denn die Vorschrift stellt darauf ab, wie ein neutraler, auf Toleranz bedachter Betrachter die Äußerung verstehen würde. Es geht gerade nicht um die Sichtweise eines betroffenen, möglicherweise streng religiösen Anhänger des beschimpften Bekenntnisses.
Vor allem aber ist - öffentlichkeitswirksam gern vergessen – bei der Auslegung aller Vorschriften des deutschen Rechts die Verfassung zu berücksichtigen. Das gilt auch für § 166 StGB. Die Vorschrift ist bei Beschimpfungen durch zum Beispiel Satire restriktiv anzuwenden. Satire darf nicht alles. Aber sie darf vieles, denn sie unterliegt dem Schutz der Kunstfreiheit des Art. 5 Abs. 3 Grundgesetz (GG). Und auch, wenn dieses Grundrecht nicht uneingeschränkt gilt, muss es doch immer - auch bei einer Kollision mit anderen Grundrechten - abgewogen und einbezogen werden.
Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat im Jahr 2012 nicht einmal darüber diskutiert, ob Mohammed-Karikaturen unter das Grundrecht der Kunstfreiheit fallen. Sie während einer geplanten Demonstration zu zeigen, hielten die Verwaltungsrichter in Berlin für in Ordnung. Dass sich das "als Straftat im Sinne von § 166 StGB darstellen würde, drängt sich dem Senat (…) nicht auf" (Beschl. v. 17.08.2012, Az. OVG 1 S 117.12).